Es war laut. Es war hitzig. Es war emotional. Es war Damenvolleyball auf hohem Niveau. Und vielleicht das beste Spiel der laufenden Saison für die Erstvertretung der SSF Bonn.
Fangen wir von vorne an. Am frühen Samstagabend rollten die SSF-Busse im ländlichen Emsbüren ein und wurden als erstes von einer grellleuchtenden Werbetafel empfangen, die für das bevorstehende Spiel wenige Stunden später warb. Der Aufsteiger FC Leschede gegen den Tabellenführer SSF Bonn, zur Primetime um 20 Uhr in der sagenumwobenen Turnhalle, die sich regelmäßig in einen Hexenkessel verwandelt. „Wenn man im Heimatort auf der LED-Tafel abgebildet wird, hat man’s auch offiziell geschafft!“ Welchen Stellenwert aber Drittliga-Volleyball in Leschede hat, sollten die Bonnerinnen an diesem Abend noch erleben. Die Tribüne der Sporthalle füllte sich über die Aufwärmzeit der Mannschaften mit zahlreichen Fans, inklusive Fanschals, Klatschpappen und Trommeln. Nach und nach bildete sich ein richtiger Block, mit hauptsächlich jungen Männern, die man so 1:1 von der Fantribüne des Rot-Weiß-Essen hätte kopieren können.
„Wir ziehen unser Ding durch, lasst Euch gar nicht beirren von dem was hier um uns herum passiert.“ So Headcoach Robert Kroner bei seiner Kabinenansprache. Die Mannschaft um den 26-Jährigen trennt nur wenige Spiele von einem potenziellen Meistertitel und jetzt zu patzen wäre fatal. „Das könnten die drei wichtigsten Wochen sein, genau das ist die Phase, in der wir wachsam und topfit sein müssen.“
Die Bizepsvolleys waren topfit und unterschätzt wird in dieser Saison sowieso kein Gegner, auch nicht der Tabellensechste FC Leschede. Nachdem alle ZuschauerInnen im Kollektiv runtergezählt hatten, pfiff der Schiedsrichter um 20 Uhr die Partie an. Unter lautstarken Anfeuerungsrufen starteten die beiden Mannschaften solide in den ersten Satz. Von Anfang an war klar, hier wird sich nichts geschenkt. Die hochgewachsenen Leschederinnen schlugen mit vollem Risiko auf, wodurch sich hier und da Aufschlagfehler einschlichen, was die Bonner Annahmeriege aufatmen ließ. Auch am Netz macht sie es den Gästen schwer, am Block vorbei zu kommen. Es war ein Kopf-an-Kopfrennen und erst beim Punktestand von 20:20 konnten sich die Rheinländerinnen absetzen und den ersten Satz zumachen.
Im zweiten Satz hatten die Gäste dann den tobenden Fanblock im Rücken, was die Sache nicht unbedingt einfacher machte. Leschede wechselte die spätere MVP-Medaillengewinnerin Diane Seybering auf der Mittelblockposition ein, die mit ihrer hohen Reichweite noch mal mehr den Block und schnellen Angriff in Szene setzte. Lone Winter und Clara Kick, die den Bonner Mittelblock stellten, hatte Mühe sich gegen die Jugendnationalspielerin durchzusetzen, machten ihren Job aber sehr gut. Auch in Satz zwei gab es einen Schlagabtausch auf allerhöchstem Niveau, bei dem sich der FC Leschede mit 26:24 knapp durchsetzen konnten.
Satz drei begann also wieder bei 0. Die Leschederinnen, sichtlich gepusht von dem vorangegangenen Satzgewinn, spielten selbstbewusst auf. Auf Seiten der Bonner durften sich neben Superstar Lena Maasewerd die beiden Annahmeaußenspielerinnen Meret Faller und Annika Brück abwechseln und in die Schussbahn der Gastgeberinnen stellen, beide mit viel Ruhe und Souveränität, die dem Team guttat. Auch auf der Zuspiel- und Liberaposition wurde zwischenzeitlich gewechselt, was frischen Wind und neue Akzente ins Spiel brachte. Nur Diagonale Carlotta Hensel und Lena Maasewerd durften sich über fünf Sätze behaupten. Satz drei ging ähnlich wie der erste mit 21:25 an die Gäste.
In Satz vier wollten die Damen aus Bonn nun endlich den Deckel draufmachen, doch da hatten sie die Rechnung ohne ihre Gastgeberinnen gemacht. Die Aufsteigerinnen aus dem Emsland präsentierten sich, wie schon das ganze Spiel über, überaus selbstbewusst und machten es ihren Gegnerinnen so schwer, dass es nach diesem Satz ins Tiebreak ging, 26:24 für Leschede.
Tiebreak, ein Volleyballkrimi, der spannender nicht sein könnte. Der Satz startete auf Augenhöhe, bis sich die Bizepsvolleys zum Seitenwechsel absetzen konnten. Angreiferin Lena Maasewerd, die später die goldene MVP-Medaille überreicht bekam, drehte noch mal richtig auf, ließ sich von „Den kann sie nicht“-Rufen vom gegnerischen Fanblock nicht beeindrucken, bewies Nerven- und Bizepsstärke und brachte die SSF in einen Vorsprung von 11:6 Punkten. Doch da war das Spiel noch nicht vorbei. Leschede kam in Ballbesitz und schlug wie gewohnt stark auf, die Bonner Annahme wackelte ausnahmsweise und schnell stand es 10:11. Hensel am Aufschlag und Zimmermann im Block waren eine optimale Rotation, um die Leschederinnen endgültig unter Druck zu setzen und den Sack 15:10 zuzumachen.
Erschöpft aber überglücklich feierten die Bonnerinnen ihren Sieg, ohne sich dabei von den gegnerischen, an dieser Stelle unsportlichen, Parolen und Gesten des Fanblocks die Stimmung vermiesen zu lassen.
Mit einem Punktverlust aber zwei Zählern mehr auf dem Konto stehen die SSF Bonn somit nach wie vor auf dem ersten Tabellenplatz in der Dritten Liga West. Am kommenden Samstag, mitten im der rheinländischen Jeckenzeit geht’s zum Spitzenspiel nach Hörde zum Tabellenzweiten, mit der Mission sich dort ganz wichtige drei Punkte aufs Konto zu verbuchen.
Eva Grab